1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Kein Frieden mit Putin

Soric Miodrag Kommentarbild App
Miodrag Soric
27. November 2022

Beim Krieg in der Ukraine geht es um viel mehr als nur die Freiheit dieses großen russischen Nachbarlandes. Und deswegen braucht die Ukraine weiter die Unterstützung des Westens, meint Miodrag Soric.

https://p.dw.com/p/4K5db
Rauchwolken über einem brennenden Heizkraftwerk in Charkiv. Im Vordergrund große Strommasten.
Seit mehreren Wochen greift Russland gezielt die Einrichtungen zur Energieversorgung der Ukraine anBild: Gleb Garanish/REUTERS

Die Welt, so wie sie vor dem Ukraine-Krieg war - danach sehnen sich viele in Europa, in der Ukraine und auch in Russland. Wenn Kreml-Politiker so tun, als ob sie bereit seien über einen Frieden zu verhandeln und dies nur an der Unwilligkeit der Ukrainer und des Westens scheitere, dann spielen sie mit eben dieser Sehnsucht der Menschen: Wieder in einer Welt zu leben, so wie sie vor dem Krieg war - ohne Tod und Zerstörung, ohne Sanktionen, ohne teures Gas und Öl.

Doch es wird nie wieder so sein wie vor dem Krieg. Das würde selbst dann gelten, wenn die Waffen sofort schwiegen. Denn der Ukraine-Krieg ist nicht die Ursache für die laufende Auseinandersetzung um die zukünftige Weltordnung. Der Krieg ist nur die Folge dieses Konfliktes. Russland will die rechte- und wertebasierte Weltordnung zerstören - mit allen Mitteln. China, der Iran, Nordkorea und andere Schurkenstaaten assistieren Moskau.

Wenn Russland den Krieg gewönne ...

Weil das so ist, wird diese globale Auseinandersetzung dauern. Es ist eine Art nicht erklärter Dritter Weltkrieg, den Putin und andere Diktatoren der Menschheit - auch ihren eigenen Landsleuten - aufzwingen. Demokratien können den Konflikt nicht ignorieren, sie können nicht davonlaufen. Täten sie es, wäre ein Rückfall in die Barbarei die Folge; in eine Welt, in der nur die Macht des Stärkeren zählt, individuelle Menschenrechte keine Bedeutung haben.

Soric Miodrag Kommentarbild App
DW-Chefkorrespondent Miodrag Soric

Gewönne Russland den Krieg gegen die Ukraine, würde es anderswo seine Aggression fortsetzen: in Moldova, in Kasachstan oder in Belarus. Auch China wäre ermutigt, mit noch mehr Gewalt gegen Andersdenkende und Minderheiten vorzugehen: in Honkong, in Taiwan, auf Inseln im Südchinesischen Meer. Auch das Mullah-Regime im Iran würde jegliche Zurückhaltung ablegen beim Einsatz von Gewalt gegen das eigene Volk, gegen andere Staaten im Nahen und Mittleren Osten. Nur gut, dass auch der Umkehrschluss gilt: Verliert Russland diesen Krieg dürften China, der Iran, Nordkorea und andere Unrechts-Staaten vorsichtiger werden.

Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet der Iran Kampf-Drohnen an Putin liefert. Die Mullahs wissen: Die Tage ihres Regimes wären gezählt, wenn Putin seinen Angriffskrieg verliert. Schließlich gehören Moskau und Peking zu den wichtigsten Financiers des iranischen Ölsektors. Brechen diese Partner weg, implodiert die wirtschaftliche Basis des Terror-Regimes in Teheran. Zudem würde ein Sieg der Ukraine auch die Demonstranten im Iran weiter anspornen.

Die zivilisierte Welt darf nicht einknicken

Weil das so ist, weil alles mit allem zusammenhängt, darf Putin nicht gewinnen. Die demokratischen Staaten, die zivilisierte Welt darf nicht einknicken vor den Diktatoren. Die NATO muss massiv aufrüsten - egal wie der Krieg in der Ukraine endet. Die EU, die USA, Kanada, Australien, Japanund ihre Verbündeten dürfen nicht mehr naiv sein bei Wirtschaftskooperationen, sich nicht in absolute Abhängigkeiten begeben bei Lieferketten, Rohstoffen und Exportmärkten - selbst wenn sie so riesig sind wie der in China.

Sicher: Die Ukrainer kämpfen in erster Linie für ihre Freiheit, für ihr Land, für ihre Familien. Vor dem Hintergrund der globalen Auseinandersetzung zwischen der Koalition der Bösen einerseits und der freien Welt kämpfen sie aber auch für alle, denen Demokratie und die Achtung der Menschenrechte wichtig sind.

Deshalb muss der Westen die Ukraine weiter unterstützen - finanziell, militärisch, moralisch und politisch. Die Ukrainer kämpfen auch für viele Menschen weltweit, die vom Krieg nur wenig wissen. Denn glaubt jemand ernsthaft, dass sich Putin oder Xi ums Weltklima scheren? Andererseits ist das Erreichen der UN-Klimaziele ohne Moskau und Peking unmöglich. Auch deshalb muss Putin gestoppt werden. So lange er an der Macht ist, wird und kann es keinen Frieden geben.