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KlimaGlobal

Sommerwärme für den Winter: Welche Speicher gibt es?

10. Mai 2024

Saisonale Wärmespeicher nutzen Sommerwärme für den Winter. Damit werden weltweit schon tausende Gebäude geheizt. Welche Speicher-Techniken gibt es und wie gut sind sie? Vier Methoden im Überblick.

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Vorne in blau solarthermische Kollektoren. Dahinter ist ein zugedeckter Erdwärmespeicher mit grauer Abdeckung. Im Hintergrund Häuser und das Meer. Dänemark Marstal | Saisonaler Wärmespeicher
Vorbild Dänemark: Große Solarthermieanlagen heizen im Sommer das Wasser im Speicherbecken auf. Im Winter werden damit die Häuser im Ort geheiztBild: Aalborg CSP

Einige saisonale Wärmespeicher sind schon in Betrieb. In Marstal in Dänemark zum Beispiel wird ein großes Wasserbecken im Sommer mit solarthermischen Kollektoren aufgeheizt. Dieser Speicher deckt im Winter die Hälfte des Heizbedarfsder rund 2000 Einwohner. Immer mehr Varianten solcher Wärmespeicher werden derzeit gebaut, nicht nur in Europa. Welche Techniken gibt es und wie funktionieren sie?

Große Wasserbecken als Speicher: Praktisch für Fernwärme

Für Erdbecken-Wärmespeicherwerden große Gruben im Boden ausgehoben und mit Folien abgedichtet. Bei rund einem Hektar Fläche werden dann etwa etwa 70.000 Kubikmeter Wasser eingefüllt.

Das Wasser wird auf bis zu 90 Grad erwärmt durch solarthermische Anlagen,Abwärme aus Fabriken oder Müllverbrennungsanlagen. Eine gedämmte Abdeckung sorgt dafür, dass im Jahr nur rund zehn Prozent der gespeicherten Wärme verloren geht. Im Winter fließt das warme Wasser aus dem großen Speicher ins Fernwärmenetz und heizt Wohnungen.

Bisher gibt es sechs große Erdwärmespeicher in Dänemark, einen in Tibetund drei werden derzeit in Deutschlandund Polengebaut. Das Interesse an der Speichertechnik wächst.

Neben Becken an der Erdoberfläche können beispielsweise auch stillgelegte unterirdische Kohlebergwerke als Wasser-Wärmespeicher genutzt werden. Im Ruhrgebiet in Deutschland wird schon ein Grubenwärmespeicher in einem alten Bergwerksschachterprobt.

Vor- und Nachteile: Große Erdbeckenspeicher speichern günstig überschüssige Wärme für den Winter. Sie eignen sich gut für Fernwärmenetze. Die Baukosten sind relativ niedrig, allerdings braucht man genug Platz für die Becken.

Energieeffizienz: Hoch. Nur rund zehn Prozent der Wärme geht pro Jahr verloren.

Wo einsetzbar? Überall.

Großer Wärmetank: Speicher direkt im Haus

Auch große Wassertanks in Gebäuden können Wärme über Monate speichern. Dafür werden beim Neubau in die Gebäudemitte Stahltanks mit bis zu 260 Kubikmeter eingebaut. Sie können mehrere Stockwerke hochsein und sind sehr gut isoliert.

Im Vergleich zu den Erdwärmespeichern sind die Investitionskosten rund zehn Mal höher. Denn Stahltanks sind teurer und die Gebäude müssen speziell dafür gebaut werden. Ein Speicher mit 50 Kubikmeter kostet inklusiver großer Solaranlage etwa 170.000 Euro.

Neubausiedlung mit großen Solarthermiekollektoren auf dem Dach. Frankfurt am Main
Sehr günstig wohnen in Frankfurt: Solare Wärme wird hier in großen Wassertanks im Haus für den Winter gespeichertBild: DW/G. Rueter

Dieser Gebäudekomplex (Foto) in Frankfurt hat mehrere Tanks für insgesamt 50 Kubikmeter Wasser. Durch die Solarthermieanlage auf dem Dach werden die Speicher im Sommer auf bis zu 80 Grad aufgeheizt. Im Winter werden damit 56 Wohnungen mit Wärme versorgt.Als zusätzliche Heizung gibt es noch eine Wärmepumpe.

Vor- und Nachteile: Wärmespeicher im Haus sind praktisch, gut isoliert und sparen zusätzliche Leitungen. Die Gebäude können so weitgehend nur mit der Sonnenkraft beheizt werden. Das Heizen wird so sehr preiswert. Doch die Mehrkosten schrecken viele Bauherren ab.

Energieeffizienz: Sehr hoch: Der Wärmespeicher ist mitten im Haus und es geht kaum Wärme verloren.

Wo einsetzbar: In neuen Gebäuden weltweit.

Erdwärmespeicher am Gebäude: Gut für Wärmepumpen

Statt in Wasser kann auch Erdreich die Wärme speichern. Das geht auch bei bestehenden Gebäuden. Dazu werden Wasserrohre in der Erde verlegtund das Erdreich an den Seiten und nach oben gedämmt.

Im Sommer wird die Erde durch heißes Wasser aus einer Solarthermieanlage aufgewärmt. Im Winter nutzt dann eine Wärmepumpe diese gespeicherte Erdwärme zum Heizen.

Mehrfamilienhaus in Berlin aus den 1920er Jahren. Unten in der Erde befinden sich Rohre. Die sind grafisch eingezeichnet.
Die Erdwärme-Speicherung vor einem alten Berliner Mietshaus (schematische Darstellung) funktioniert auch im kalten Winter. Diese Speicher können nachträglich gebaut werdenBild: BWP/eTank

Dieser Berliner Wohnkomplex aus den 1920er Jahren (Foto) heizt mit einem solchen Erdwärmespeicher.

Vor- und Nachteile: Der Einbau ist nachträglich möglich. Neben dem Haus wird allerdings etwas Platz gebraucht, um Rohre in die Erde zu verlegen: Etwa 40 Quadratmeter Fläche reicht für ein Einfamilienhaus, entsprechend mehr Platz braucht man für größere Gebäude.

Energieeffizienz: Hoch. Wärmepumpen arbeiten auch an sehr kalten Wintertagen sehr effizient mit dieser Erdwärme.

Wo einsetzbar? Überall wo es genügend Platz neben dem Gebäude gibt.

Saisonaler Speicher mit Wasserstoff: Eine Option für Stadtwerke

Auch mit Hilfe von Wasserstoff kann Wärme gespeichert werden. Die Technik gibt es bereits in einigen Gebäuden. Der Wasserstoff kann zum Beispiel durch überschüssigem Solarstrom erzeugt werden. In Mitteleuropa etwa produzieren Photovoltaikanlange im Sommer bis zu sieben Mal mehr Strom als im dunklen Winter.

Mit überschüssigen Solarstrom wird im Sommer in einer Elektrolyse Wasserstoff erzeugt. Der wird in Druckflaschen gespeichert. Im Winter wird der Wasserstoff dann per Brennstoffzelle wieder zu Strom und Wärme, um Gebäude zu versorgen.

In Zukunft könnte Wasserstoff knapp neun Prozent im deutschen Fernwärmenetz ausmachen, das zeigen langfristige Szenarien, die im Auftrag der Bundesregierung berechnet wurden. Gespeichert werden soll der Wasserstoff dann vor allem in großen unterirdischen Salzkavernen. Derzeit wird dort noch Erdgas für den Winter gespeichert.

Gewerbehaus für Bad und Heiztechnik. Auf dem Dach und an der Fassade sind Solarkollektoren. Das energieautarke Haus bei Bonn nutzt Wasserstoff als saisonaler Energiespeicher.
Wasserstoff als Speicher: Mit Solarstom vom Firmendach wird im Wasserstoff erzeugt. Im Winter wird der für Strom und Heizung genutztBild: Josef Küpper Söhne GmbH

Vor- und Nachteile: Für Energiesysteme und Stadtwerke kann Wasserstoff in Kombination mit anderen Speichern eine gute Ergänzung sein, um den Strom- und Wärmebedarf das ganze Jahr über klimaneutral zu decken. Doch für einzelne Häuser sind solche Anlagen sehr teuer, etwa 550.000 Euro kostete der Einbau in diesem Gebäude bei Bonn (Foto).

Energieeffizienz: Schlecht bis gut. Bei der Umwandlung von Strom zu Wasserstoff und der Rückgewinnung zu Strom im Winter entsteht rund 40 Prozent Abwärme. Diese Abwärme sollte zeitnah verwendet werden, um Energieverluste zu verringern. Andere saisonale Speicher-Systeme sind meist effizienter.

Wo einsetzbar? Überall.

Fazit

Saisonale Energiespeicher werden für die klimaneutrale Wärme- und Stromversorgung zunehmend wichtig. Sie nutzen effizient überschüssige Energie und sparen so Wärme- und Stromkosten.

Wasser- und Erdwärmespeicher funktionieren bereits gut. Auch die saisonale Speicherung mit Wasserstoff läuft an. Bisher wird grüner Wasserstoff allerdings nur in kleineren Mengen erzeugt. Für die künftige Wasserstoffnutzung soll im großem Umfang weltweit eine neue Infrastruktur aufgebaut werden.

Redaktion: Anke Rasper

Quellen:

Homepage zu Saisonalspeichern https://saisonalspeicher.de/

Erdbeckenspeicher: Wie funktionieren sie und wo werden sie eingesetzt? https://aalborgcsp.com/business-areas/thermal-energy-storage-tes/pit-thermal-energy-storage-ptes

Wie erreichen wir die Energiewende konkret? https://jenni.ch/fachbuecher.html

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Gero Rueter Redakteur in der Umweltredaktion