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Huthi-Attacken gefährden Internet-Infrastruktur

Nik Martin
14. März 2024

Die Attacken der Huthi-Rebellen auf Schiffe vor der arabischen Halbinsel haben US-Quellen zufolge dazu geführt, dass Untersee-Internetkabel beschädigt wurden. Wird die globale Kommunikation nun zum Kriegsziel?

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Arbeiter bei der Verlegung eines Seekabels an der französischen Mittelmeerküste
Arbeiter 2016 bei der Verlegung eines Seekabels an der französischen Mittelmeerküste (Archiv)Bild: BORIS HORVAT/AFP

Die andauernden Attacken der vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen auf die Schifffahrt rund um die arabische Halbinsel kosten die Wirtschaft derzeit viel Zeit und Geld, weil sie sich zu großen Umwegen gezwungen sieht - Waren aus Fernost brauchen viel mehr Zeit für den Weg nach Europa.

Doch nun zeigt sich eine weitere Gefahr: Die USA teilten in der vergangenen Woche mit, der Untergang eines unter der Flagge von Belize fahrenden libanesischen Schiffes mit Düngemitteln an Bord habe ein Unterseekabel beschädigt, über das eine Internet-Verbindung zwischen Ost und West läuft.

Der Angriff auf die Rubymar am 18. Februar habe die Crew dazu gezwungen, "Anker zu werfen und das Schiff aufzugeben", hieß es aus US-Verteidigungskreisen. "Vorläufige Einschätzungen legen die Annahme nahe, dass der über den Meeresgrund schleifende Anker wahrscheinlich ein Unterseekabel durchtrennt hat, das für den globalen Internet- und Kommunikationsdienst sorgt."

Erst die Umwelt, dann das Internet

Die Rubymar ist in der Folge gesunken und hat ein Umwelt-Desaster ausgelöst: Ein 29 Kilometer langer Teppich aus Öl-Schlamm sei kurz nach dem Angriff ausgetreten, so das US-Militär-Oberkommando. Nun bestehe die Gefahr, dass im Falle eines Auseinanderbrechens des gesunkenen Schiffes die Düngemittelladung weiteres Unheil anrichten werde.

Obwohl die Huthi für die Beschädigung des Kabels nicht direkt verantwortlich sind, haben ihre Attacken die Gefahr für die Internet-Infrastruktur in der Region doch erhöht, weil sie weitere ähnliche Anschläge befürchten lassen. Die Glasfaserkabel, von denen insgesamt 16 im Roten Meer verlegt sind, laufen über den Meeresgrund und übertragen elektronische Daten beinahe in Lichtgeschwindigkeit.

Die "Rubymar" zieht einen Ölteppich hinter sich her, nachdem sie von Huthi-Raketen getroffen wurde
Die "Rubymar" zieht einen Ölteppich hinter sich her, nachdem sie von Huthi-Raketen getroffen wurdeBild: PLANET LABS PBC via REUTERS

Medienberichte lassen vermuten, dass die Beschädigung ungefähr 25 Prozent des Datenverkehrs unterbrochen hat. "Unfälle durch Schiffsanker sind der zweithäufigste Grund für Beschädigungen an Unterseekabeln", schrieb kürzlich Tim Stronge vom Washingtoner Telekom-Forschungsunternehmen TeleGeography in einem Internet-Blog. "Durchschnittlich werden weltweit etwa zwei Kabel wöchentlich beschädigt."

Außerdem, fügte Stronge hinzu, stellen die Huthi-Attacken "echte Herausforderungen" dar, weil gesunkene Schiffe eine Gefahr für die Schifffahrt und besonders für Kabelleger-Fahrzeuge sind.

Gefahr durch Attacken nehmen zu

Die Huthi haben durch ihre Angriffe nicht nur für einen Anstieg der Versicherungskosten für Containerschiffe gesorgt, sondern auch für Fahrzeuge, die die Untersee-Infrastruktur verlegen. Laut Stronge könnte Neuverlegungen so verhindert werden. Das Wall Street Journal zitierte in dieser Woche Industrie-Experten, die angaben, dass die Kosten für die Versicherung eines Kabellegers auf ungefähr 150.000 US-Dollar pro Woche gestiegen seien.

Feuer auf dem Öltanker "Marlin Luanda" - ausgelöst durch einen Angriff der Huthi-Miliz
Feuer auf dem Öltanker "Marlin Luanda" - ausgelöst durch einen Angriff der Huthi-MilizBild: Indian Navy/AP/dpa/picture alliance

"Das wahre Problem in einem Kriegsgebiet ist, dass man ein Kabel nicht einfach ausbessern kann wie man das irgendwo sonst tun würde", sagte Peter Sand, Chef-Analytiker des maritimen Forschungsunternehmens Xeneta in Kopenhagen zur DW. Wegen der Gefahr weiterer Angriffe "können Sie nicht einfach einen Kabelversorger in das Rote Meer schicken."

Die Suche nach Alternativen

Telekommunikationsexperten zufolge sollten Regierungen die Industrie dazu drängen, nach Alternativrouten für Internetkabel zu suchen. So könnten Unterbrechungen durch zerstörte Unterseekabel minimiert werden. Landverbindungen durch Saudi-Arabien etwa könnten die Querung des Roten Meeres oder anderer gefährdeter Gewässer überflüssig machen. Doch Überlandleitungen seien erheblich teurer, warnen die Experten gleichzeitig.

Die Huthis kontrollieren weitgehend den vom Krieg gekennzeichneten Jemen. Sie sagen, sie zielten nur auf israelische, US-amerikanische und mit dem Vereinigten Königreich verbundene Schiffe als Vergeltung für den Krieg, den Israel gegen die militante palästinensische Hamas im Gaza-Streifen führe. Die vom Iran unterstützte Huthi-Miliz hat seit dem vergangenen Jahr Dutzende Schiffe angegriffen - die Rubymar war das erste unter ihnen, das wegen der Attacken gesunken ist.

Der erste Angriff der Huthi auf ein Schiff, der Todesopfer forderte, fand am vergangenen Mittwoch (7.3.2024) statt. Dabei starben auf der unter Barbados-Flagge fahrende griechischen True Confidence drei Besatzungsmitglieder, das Schiff ging in Flammen auf.

Die Huthis bestreiten, dass sie Unterseekabel ins Visier nehmen, doch ihre beinahe täglich erfolgenden Angriffe veranlassen viele Reedereien, das Rote Meer und den Suezkanal auf dem Weg ins Mittelmeer zu meiden.

Stattdessen nehmen viele Schiffe den deutlich längeren Weg rund um das südliche Afrika (siehe Infografik), was sie etwa sieben bis zehn Tage mehr kostet. Die Versicherungskosten sind als Resultat der gestiegenen Risiken gestiegen. Außerdem erfordern die Umwege höhere Personal- und Treibstoffkosten. Dazu müssen auch mehr Schiffe auf der längeren Route eingesetzt werden.

Noch mehr Schiffe auf der Ausweichroute?

Trotz der Risiken befahren noch immer einige Gesellschaften das Rote Meer. "Jedes Unternehmen hat sein eigenes Risiko-Management. Das erklärt, warum Einige noch immer die Route um Arabien herum nehmen. Doch durch die Todesopfer könnte eine rote Linie überschritten worden sein", sagt Peter Sand. Die jüngsten Angriffe könnten sogar härtere Maßnahmen der westlichen Militärs provozieren, die die Seerouten mit den wichtigen Schifffahrtswegen vom Asien nach Europa schützen.

Fregatte "Hessen" startet zu geplantem EU-Militäreinsatz ins Rote Meer
Die Fregatte "Hessen" der Deutschen Marine auf dem Weg von Wilhelmshaven ins Rote MeerBild: Sina Schuldt/dpa/picture alliance

Die USA und das Vereinigte Königreich hatten im November Kriegsschiffe in die Region entsandt, als die Attacken begannen. Die EU hat im vergangenen Monat nachgezogen und eine eigene Marine-Mission gestartet, die von mehreren EU-Staaten, darunter auch Deutschland, unterstützt wird.

"Ich befürchte aber keine groß angelegte militärische Antwort", so Sand zur DW. "Ich erwarte eher, dass die Seestreitkräfte in der Region weiterhin alle möglichen Ziele gründlich untersuchen, um der gewerblichen Seefahrt eine sichere Passage zu ermöglichen."

Dieser Beitrag wurde aus dem Englischen adaptiert.